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Ellbogendysplasie (ED) mediales Compartement Syndrom beim Hund

 

 

Die Ellbogendysplasie (ED) ist ein Oberbegriff erblicher Erkrankungen des Ellbogengelenkes des Hundes von mittelgroßen bis großen Hunderassen. Das Ellbogengelenk ist ein von Oberarm (Humerus), Elle (Radius) und Speiche (Ulna) gebildetes Gelenk, die exakt zusammenpassen müssen, um eine normale, physiologische Funktion zu ermöglichen.

 

Die ED besteht aus vier Erkrankungen, die alleine oder unterschiedlichen Kombinationen vorkommen können:

  1. Fragmentierter Processus coronoideus ulnae medialis (FPC) durch fehlendes exaktes Zusammenpassen von Elle und Speiche im Ellbogengelenk, Schädigung des Knorpels in Form von Knorpelerweichung, Knorpelauffaserung und Bildung einer Knochenschuppe an einem kleinen Knochenvorsprunges der Speiche (Processus coronoideus)

 

 

  1. Osteochondrosis dissecans (OCD) Knorpelschädigung oder Bildung einer abgelösten Knorpelschuppe des inneren Gelenkknorrens am unteren Ende des Oberarmknochens (Kondylus medialis humeri). Dieser innere Gelenkknorren trägt den größten Anteil des Gewichtes.

Fragmentierter Processus coronoideus ulnae medialis (FPC) durch fehlendes exaktes Zusammenpassen von Elle und Speiche im Ellbogengelenk, Schädigung des Knorpels in Form von Knorpelerweichung, Knorpelauffaserung und Bildung einer Knochenschuppe an einem kleinen Knochenvorsprunges der Speiche (Processus coronoideus)

 

Heute werden FPC und OCD als mediales Kompartmentsyndrom oder Medial Comparment Disease bezeichnet.

 

 

  1. Processus anconeus isolatus: fehlende knöcherne Verbindung eines dreieckigen Knochenfortsatzes der Speiche (Processus anconeus ulnae) mit der Speiche über den fünften Lebensmonat hinaus
  2. Ellbogeninkongruenz ungleiches Wachstum von Elle und Speiche, die zusammen den unteren Teil des Ellbogengelenkes bilden und eine daraus resultierende Stufenbildung Stufenbildung im Ellbogengelenk. Diese Stufenbildung begünstigt die Entwicklung obiger Erkrankungen in herausragender Art und Weise.

 

Erste Anzeichen dieses Erkrankungskomplexes werden bereits oft im Alter von 4-5 Monaten (oder eher) festgestellt. Trotz ausgeprägter Veränderungen im Ellbogengelenk, kann die Lahmheit sehr geringgradig ausgepägt sein. Da die Erkrankung oft beidseits auftritt, wissen die Patienten oft nicht mit welchem Bein sie humpeln sollen und laufen deshalb scheinbar sehr gut.

Ein Auswärtsdrehen der Gliedmaße oder des Fußes, bei gleichzeitigem eng am Körper gehaltenen Ellbogengelenkes können ein Hinweis auf diese Erkrankung sein. Nach Ruhe oder Belastung ist die Lahmheit häufig ausgeprägter. Eine Abnahme der Bemuskelung der Vordergliedmaße kann ebenso wie eine vermehrte Gelenkfüllung bei dieser Erkrankung vorgefunden werden.

 

Die Diagnose erfolgt durch die gründliche klinisch-orthopädische Untersuchung und der Anfertigung von Röntgenbildern in zwei Ebenen und im Seitenvergleich beider Vordergliedmaßen. Ein Hinweis auf diese Erkrankung ist oft eine Druckempfindlichkeit an der Innenseite des Ellbogengelenkes am Ansatz der Endsehne des Musculus biceps brachialis. Da die Diagnose dieses Erkrankungskomplexes oft sehr schwierig ist, muß oft eine Computertomographie (CT) oder der goldene Standard der Diagnostik dieser Erkrankung, eine Arthroskopie in Narkose durchgeführt werden.

 

Eine frühzeitige Diagnose und Therapie ist unabdingbar, da die Ellbogendysplasie sehr häufig zu höchstgradigen Arthrosen des Ellbogengelenkes führt, die in vielen Fällen bei älteren Patienten nicht mehr zufriedenstellend therapiert werden können.

 

Die Therapie erfolgt immer chirurgisch und medikamentell und ist abhängig von der dominierenden Grunderkrankung.

Der FPC wird arthoskopisch (Arthroskopie = Gelenkspiegelung mit einem 2-4 mm großen Hautschnitt (Inzision) mit kleinster Verletzung von Haut und Weichteilen (minimal- invasiv) mit 1,2 bis 1.7 mm großen Endoskopen) wie Knorpelschuppen entfernt, Knorpelveränderungen geglättet und das Gelenk gründlich gespült. Die identische Therapie erfolgt auch bei OCD.

Der Processus anconeus wird operativ entfernt oder in Einzelfällen wenn noch eine knorpelige Verbindung zur Elle besteht in normaler, exakter anatomischen Position wieder angeschraubt. In diesem Fall ist meist wie immer bei Ellbogeninkongruenz eine zusätzliche Durchtrennung der Speiche im oberen Drittel notwendig.

 

Aufgrund der geringeren Verletzung von Haut und Weichteilen (Invasivität) und der deutlich besseren Beurteilbarkeit aller Gelenkabschnitte des Ellbogengelenkes kombiert mit einer gründlichen Spülung des Ellbogengelenkes zeigt die Arthroskopie deutliche Vorteile im Vergleich der herkömmlichen chirurgischen Eröffnung des Gelenkes mit einem großen Haut- und Gewebeschnittes (Arthrotomie).

 

Trotz schneller exakter Diagnose und der perfekten Durchführung der Arthroskopie können auch hochgradige degenerative Veränderungen am Ellbogengelenk (Arthrosen) auftreten.

 

Die sich leider immer in Folge der ED entwickelnde Arthrose oder Osteoarthritis unterschiedlichen Grades wird multimodal therapiert: Physiotherapie, medikamentelle Therapie mit entzündungshemmenden Schmerzmedikamenten (nicht-steroidale Antiphlogistika NSAIDs), Futtermittelsupplemente, Gewichts- und Bewegungskontrolle, Schwimmen/Unterwasserlaufband, Lasertherapie, Akkupunktur, Gelenksinjektionen (intra-artikuläre Injektionen) und/oder Arthroskopie.

 

 

 

 

 

 

 

 

  1. Peirone, F. Cappellari, Ellbogendysplasie beim Hund, Veterinary Focus Vol 21 No 2, 2011, S. 2-10